Die geheimnisvolle Patientin Teil 2

Wieder einmal ging sie in sein Sprechzimmer. Christoph begrüßte sie herzlich und bot ihr einenPlatz und einen Kaffee an. Dann sagte er, dass die Krankenkasse noch immer herumzickt, obwohldoch aufgrund der ganzen Gutachten schon alles klar und eigentlich genehmigt war. Aber dieKasse wollte genau wissen und möglichst mitbestimmen, auf welcher Höhe die Beine amputiertwerden. Denn, und da räumte er ein, dass das zu einem gewissen Masse auch verständlichwar, davon wäre der Grad der zu erwartenden Behinderung und evtl. die Dauer der Wundheilungabhängig, und die Kasse müsse schließlich, wenn sie schon ‚ja‘ sagt, die Folgen der Operationtragen.„Wenn es nur um die OP ginge, egal, ich möchte dafür gar kein Honorar, wie Du weißt, ich würdenoch etwas dazugeben – aber dein Leben danach muss abgesichert sein. Übrigens mit derKonservierung geht soweit alles klar, das ist organisiert. Deine Befunde sind o.k., wir könntensonst jetzt operieren. Besprechen möchte ich mit dir die Art der Schmerzausschaltung während derOperation.“Jeanette nickte: „Da musst du mir ein bisschen helfen – ich weiß so in etwa, was möglich ist; derAnästhesist hat bereits mit mir gesprochen. Einerseits, es war immer ein Traum, eines Tageseinfach aufzuwachen ohne Beine. Andererseits, wir haben soviel beraten und so lange geträumtdavon, es interessiert mich, wie du es machst, wie du die Beine abtrennst. Was denkst du denn?“„Wenn du mich fragst, ich möchte dich schon gerne ‚dabeihaben‘. Aber wenn du schläfst, siehst duauch toll aus. Wie auch immer, bevor du es entscheidest, sollten wir doch noch einmal uns überdie technische Seite deiner Beinamputationen unterhalten. Nehmen wir also an, sie können bis zurHüfte abgenommen werden, wie du es dir wünschst. Dann gibt es schon mal mehrereMöglichkeiten, die Beine abzubekommen.“„Ja, ich weiß: du könntest sie einmal zunächst ganz oben durchschneiden und den Knochendurchsägen, und wenn das jeweilige Bein ab ist, aus dem Rest einen Stumpf machen. Oder duschneidest nach und nach die verschiedenen Schichten durch, gleich so, wie schon der Stumpfwerden soll, und löst die Beine als ganzes aus dem Hüftgelenk.“ Und nun lächelt sie gefährlich:„aber vielleicht zeigst du mir es noch einmal…“„Tja, – dann musst du wohl da mal auf der Liege Platz nehmen.“ Die junge Frau legte sich, der Arztsetzte sich auf die Kante, nahm das rechte ihrer wunderschönen Beine etwas hoch und malte mitdem Finger die fraglichen Stellen auf ihrer Haut nach, so dass sie leicht nachgab, und sagte dabei:„Hier würde es sein, wenn erst abgeschnitten wird, dann wird der Rest von dem Schenkelknochenherausgenommen, und dann hier etwa, wenn alles passend zurechtgeschnitten ist, die Wundevernäht. Das würde ziemlich schnell gehen, bei beiden Beinen.“ Nachdem sie sich noch einbisschen näher kamen, zeigt Christoph seiner „alten“ Freundin die andere Variante: „Hier innenwürde ich beginnen mit einem Hautschnitt, bis zu diesem Punkt“, er zeigte auf die Spitze desBeckenknochens, „dann müssten die Adern freigelegt und unterbunden werden, und dann würdees weiter gehen, immer tiefer, Schicht für Schicht, bis zum deinem Hüftgelenk. Ich muss dannwahrscheinlich kräftig drehen und ziehen, um den Schenkelkopf aus der Hüftpfanne zubekommen, aber wenn das geschafft ist, dann nehme ich wieder ein großes Messer und schneide,wo deine süßen Bäckchen beginnen, das Bein, das gerade an der Reihe ist, vollständig ab. – Sag’mal, möchtest du da wirklich nicht lieber zusehen?“„Es interessiert mich schon, schon, weil du es bist, der die Beine endlich abschneidet. Vielleichterregt es mich sogar, aber wir sind doch gewiss nicht allein, was natürlich am schönsten wäre!“Christoph legte seine Hände auf ihre nackten Schenkel und lächelte: „Da wird der Anästhesistdabei sein, der sich liebevoll um dich kümmert, und eine hübsche Schwester – beide kenne ich gut,du kannst dich ganz auf sie verlassen, wirklich!“„Also gut“, sprach sie zu ihrem vertrauten Doktor, „ich finde es ja auch sehr spannend, vielleichtsollten wir es so handhaben – ich werd’s mir überlegen!“ Und ungeduldig zappelte sie mit ihrenbeiden Beinen: „Aber wann denn nun wirst du mich überhaupt endlich operieren?“„Ich denke, Anfang der Woche wird es soweit sein. Zulange kannst du hier nicht mehr bleiben – eswird auch schon kräftig geredet. Und das ist ja auch kein Wunder, so ein Rasse Mädchen du bist,da bist du ohnehin Gesprächsstoff genug.“Das Wochenende verging in gewohnter Weise. Die Klinik war etwas leerer als wochentags. Dieattraktive junge Frau verlebte es mit Spaziergängen, Lesen und Besuchen im Café. Der sointeressierte Pfleger hatte wohl in dieser Zeit keinen Dienst und offenbar irgendwo eine Freundin,denn er war nirgends zu entdecken. Der Kontakt mit ihm wäre ihr gar nicht unangenehm gewesen,er war ja doch ganz unterhaltsam. Ein kleines erotische Abenteuer, kurz vor ihrem so langersehnten Beine-abschneiden – warum nicht?Aber was half es, immerhin konnte sie telefonieren mit ihrer in dieser Sache eingeweihtenFreundin. Die hatte Jeanettes Plan zwar nie so ganz akzeptiert, denn sie war neidisch aufJeanettes schöne lange Beine, obgleich sie selbst mit nicht weniger ansehnlichen Exemplarengesegnet war. Sie glaubte bis zu dem Tag, an dem ihr Jeanette ihr tiefes Begehren nachEntfernung ihrer Beine beichtete, dass sie es mindestens genauso wie sie selbst genoss, siegerade auch gemeinsam in Szene zu setzen. Es war und blieb ihr ein Rätsel. Sie konnte sichJeanette ohne ihre tollen Beine gar nicht vorstellen, empfand es aber als großenVertrauensbeweis, dass sie offen mit ihr darüber sprach. Sie hatten, nicht zuletzt dank der Auftrittemit ihren hübschen Beinen, manch nettes Abenteuer erlebt. Bis zu einem gewissen Grade konntesie nachvollziehen, dass Jeanette, wie sie war, den einmaligen Kick suchte.Christoph ließ sich dann einmal blicken. Er wollte Jeanette einfach sehen. Nicht mehr lange würdesie so komplett vor ihm stehen. Gerade die Aussicht auf diese baldige doppelte Amputation machtesie für ihn noch reizvoller. Und so kamen sie sich bei dieser Gelegenheit natürlich auch wiederkörperlich näher. Immer wieder musste er ihr schönen Beine streicheln, in denen noch ein Pulsschlug, die warm und weich waren, in denen Blut floss und Leben war. Dabei fühlte er aber dieSehnsucht, genau diese Beine für sich zu haben, es nicht nur zu erleben, nein, es selbst zu sein,der diese wunderschönen Körperteile separieren würde, um sie für alle Zeiten zu konservieren,das Geschenk seiner Freundin anzunehmen, es tun zu können, mit Skalpell undAmputationsmesser aktiv zu werden, den Einklang in diesem Wunsche mit ihr in voller Gänze zuerleben.Es waren nicht die ersten Beine, die er zu amputieren hatte. Auch waren schon zweimal Beine vonjungen Mädchen dabei. Das eine Mal war eine Erkrankung die Indikation für diese radikaleMaßnahme gewesen. Es war kein besonders hübsches Bein, die Amputation kurz über dem Knie.Es wurde nach der Abnahme gleich an ein Forschungslabor überstellt.Im anderen Fall war es durch einen Unfall zerschmettert worden – das Bein war infiziert und nichtsmehr wert – immerhin, er durfte mit dem längsten Messer, was er hatte, einen schlanken Schenkelim Gesunden glatt durchschneiden und nach dem Durchsägen des Knochens darüber staunen,wie schnell und leicht es gegangen war. Das Bein war dabei vollständig abgedeckt gewesen, sodass er sich einbilden konnte, es wäre heil und nach der Abtrennung nur noch auszupackengewesen. Das Mädchen überlebte, die endgültige Versorgung des Stumpfes, bei der noch etwasmehr von dem Oberschenkel geopfert werden musste, lag dann in den Händen eines anderenKollegen.Der Chirurg hatte beide Male recht bewusst zu erleben gewusst, seinen Traum genährt, vielleichteinmal wirklich schöne Beine abzunehmen, mit uneingeschränkter Zustimmung der Patientin undnicht nur Einsicht in die Notwendigkeit. Nun schien er bald am Ziel zu sein. Doch als am Montagdie direkten Vorbereitungen für Jeanettes Beinamputationen beginnen sollten, kam etwasdazwischen: Ein 17-jähriges Mädchen war in die Klinik überwiesen worden. Es hatte einenbösartigen Tumor im rechten Oberschenkel und sollte operiert werden. Das Mädchen hatte,obwohl es in einer Spezialklinik optimal versorgt war, nach Diagnose und Therapieplan um dieÜberweisung gebeten, da das Haus, an dem Christoph arbeitete, näher am Heimatort war. DieTherapie, die erfolgen musste, war klar, und eine ordentliche Operation war hier ja zu erwartengewesen. Nachdem ihm eröffnet wurde, dass das erkrankte Bein unbedingt amputiert werdenmüsse, hatte es sich relativ schnell an den Gedanken gewöhnt. Viele Arztbesuche undlangwierigste Untersuchungen mit den verschiedensten, teils abenteuerlichsten Theorien undDiagnosen waren dieser Nachricht vorangegangen. Es wollte einfach eine Klärung, eine Lösung,ein Besiegen ihrer nervenaufreibenden Krankheit. Endlich schmerzfrei sein, überleben, neuanfangen, nach vorne blicken, das war der Wunsch des jungen Mädchens. So war es bereit,sich mit der Amputation seines rechten Beines zu arrangieren. Es sollte nun, nach einem schönenWochenende, das sie zuhause und mit Freunden verleben konnte, geschehen.Noch vor Ankunft des Mädchens wurde von der Klinikleitung entschieden, dass die Amputationmöglichst sofort vorgenommen werden sollte. Es war nicht auszuschließen, dass sich dieStimmung der Patientin wieder ändern würde. Zudem würde eine weitere Ausbreitung des Krebseseffektiv verhindert und gleichzeitig die seelische Belastung der Patientin so weit wie möglichreduziert, weil die schlimmsten zu erwartenden Beschwerden ausbleiben würden, wenn manschnell handelte. Zum Beispiel war nach der vorangegangenen Chemotherapie bisher kaumein äußerlicher Defekt zu erkennen. Die von betroffenen Patienten häufig mit Bestürzung erlebteBeobachtung ihres eigenen langsamen Verfalls konnte unter Umständen dem Mädchen erspartwerden, selbst wenn die Operation nicht den erwünschten kurativen Erfolg haben sollte.Jeanette war die Ankunft dieses jungen zur Beinamputation vorgesehenen Mädchens zunächstentgangen. Sie war mit sich beschäftigt gewesen. Ihr fiel die jugendliche Patientin erst auf, als sieihr in der Tür zu Christophs Sprechzimmer hautnah begegnete. Sie war ausgesprochen hübschund fast so groß wie sie selbst, trug einen ähnlichen Kleidungsstil wie sie: sportlich und leicht, TShirt,einfache Shorts… Sie fragte Christoph sogleich nach ihr in einem Anflug von Eifersucht,obwohl oder vielleicht weil sie ihr recht sympathisch vorgekommen war. Der antwortete ihr: „Ihrkönntet euch bestimmt helfen, auf jeden Fall sie dir. Aber erstmals: wir bzw. deine Beine werdennoch ein bis zwei Tage warten müssen, denn ehe du an die Reihe kommst, ist erst Christine dranbzw. ihr Bein ab.“„Christine?“, fragte Jeanette.„Ja, das Mädchen, von dem wir eben sprachen. Es ist erstaunlich, was ich gerade erlebe. Derblanke Wahnsinn: Stell dir vor, ich habe zufällig genau gerade dann Dienst, wenn die Amputationihres rechten Beines auf dem OP-Plan steht! Da diese medizinisch eindeutig indiziert ist, geht sievor: schon morgen ist es soweit, das Bein wird abgenommen. Ich soll es in der Hüfte exartikulieren.“„Und du meinst, dass mir das in irgendeiner Weise hilft“, meint sie leicht beleidigt, „tja, vielleicht,dass du noch mal übst…“„Ach, nun sei doch nicht so…“, meinte etwas verärgert der Chirurg, „sie hat die OP bitter nötig, siehat gar keine Wahl. Ihr fällt es nicht so leicht, und sie würde das Bein lieber behalten! Aber jetzt imErnst: Wenn du da zusehen würdest, dann wüsstest du vielleicht besser über dich Bescheid, wiedu z.B. anästhesiert werden möchtest. Das war doch bislang unklar.“„Wäre das denn möglich, dass ich dabei zuschauen kann?“, fragte Jeanette.„Es ginge schon“, meinte der Arzt, „ich muss es regeln. Es ist gewiss die leichtere Übung. Ich willauch regeln, dass das hübsche Bein nicht vernichtet wird. Das wird bestimmt schwieriger.“„Was sagt denn deine Christine dazu?“„Es war die erste Sprechstunde, die Anamnese, darüber haben wir noch nicht gesprochen. Undder Pathologe hat da auch mitzureden. Ehrlich gesagt, es ginge auch ohne ChristinesZustimmung, dann nur heimlich. An die große Glocke hängen wollte ich es sowieso nicht. Wennich erst einmal weiß, wer Dienst hat…“, meint er nachdenklich, „…man kann auch mal etwasanderes protokollieren, und ich nehme das Bein einfach mit. Aber bei Krebs, da wollen manchehinterher gern noch ‚herumschnipseln. Wäre doch aber echt schade.“ Jeanette nahm dies so zuKenntnis, einerseits leicht eifersüchtig, andererseits auch beruhigt: Mit so einem wie Christoph,einem unumschränkten Freund schöner Mädchenbeine, wird ihr Vorhaben schon gelingen!Ein Vorteil für Christophs Anliegen war zweifellos, dass die noch überschaubare Klinik eben keineSpezialklinik für Krebserkrankungen war. Hier wollte keiner darüber forschen. Außerdem handeltees sich, rein medizinisch gesehen, um keinen besonderen Fall. Der Nutzen eines solchenPräparates für die Forschung war eher gering einzuschätzen, so dass Christoph – neben einemhübschen Bein – sein gutes Gewissen behalten konnte. Und so ließ sich alles arrangieren bisdahin, dass Jeanette bei der Abnahme von Christines Bein zusehen durfte. Im übrigen hatte einVertreter der Kasse von Jeanette es nahegelegt, nach Möglichkeit die bei ihr Versicherte an einersolchen Sache teilhaben zu lassen. Sie hätte zwar im Zuge ihrer psychologischen BegutachtungVideos vorgeführt bekommen, aber so „live“…, jedenfalls solle alles versucht werden, um sieeventuell in letzter Minute doch noch von ihrem Vorhaben abzubringen.Christine und die Ärzte hatten sich für eine Allgemeinnarkose entschieden. Sie wurde vomAnästhesisten regelrecht in den Schlaf gewiegt, nachdem sie am Morgen einen letztenSpaziergang mit ihrem noch kompletten Beinpaar gemacht hatte. Sie wusste inzwischen, dass dernette Chirurg ihr abgeschnittenes Bein behalten wollte. Es war ihr vorerst ziemlich egal. Sie warsicher, dass schon alles mit rechten Dingen zugehen und alles in kompetenter Weise getanwerden würde. Weitererzählt hat sie es aber zunächst lieber nicht.Jeanette, die pünktlich kam, da sie äußerst gern bei der Amputation dabei sein wollte, bekamgenauso einen grünen Kittel an wie die anderen im OP-Saal Anwesenden. Man hätte sie für einMitglied des Personals halten können. Christine wurde hereingefahren und rücklings auf dem Tischgelagert. Sie hatte beim Einschlafen ihr Bein gestreichelt. Ihre Hand, die ein letztes Mal so aufihrem Schenkel ruhte, löste sich nun im Schlafe unbewusst von dieser zärtlichen Berührung. Siewürde das Bein nicht mehr wiedersehen; es war nun zu nichts anderem mehr als zum Abnehmenda.Zunächst wurde es hoch gelagert, damit der Blutverlust so gering wie möglich gehalten wurde.Ausgestrichen wurde es nicht, da dies die Gefahr einer Ausbreitung der Krebszellen hätte mit sichbringen können. Es blieb auf Anordnung des Chirurgen nach der Hautdesinfektion unüblicherweisevöllig nackt, so dass man die schöne, fast haarlose Haut sowie die wundervolle Form des selbstin dieser Umgebung fast endlos scheinenden Beines bewundern konnte: der zarte Fuß, dieschlanke Fessel, die gefällig gewölbte Wade, das wohlgestaltete Knie und den edel geformtenOberschenkel, in dessen Innern sich jedoch die dramatische Krankheit abspielte, der wegen andessen obersten Ende Christoph sein Skalpell nun anzusetzen hatte.Jeanette beobachtete alles genau. Sie sah, wie das Skalpell sich langsam der vorgesehenenStelle näherte. Und dann berührte die Klinge diese eben noch völlig unversehrte Stelle. Sie drang,geführt von Christophs sicherer Hand, ganz leicht in die samtene Haut und die unmittelbardarunterliegenden Schichten ein; das eigentliche Operieren, das als Ergebnis ein einbeinigesMädchen bzw. ein abgetrenntes krankes, doch immer noch wunderschönes Mädchenbeinhervorgebracht haben wird, hatte begonnen. Kaum war die zarte Haut von der Spitze desBeckenknochens schräg zur Innenseite hin behutsam gespalten, waren die verhältnismäßig dichtunter der Haut liegenden Blutgefäße in der Leistenbeuge freizulegen und nach Unterbindung zudurchtrennen. Dann beugte Christoph das Bein, hieß die Assistentin, eine große junge Frau, es sozu halten und, nach einigen Schnitten, die tiefer gingen und einzelne der vorn liegenden Muskelnlöste, es leicht nach außen zu drehen. Nun konnte er das innen liegende Muskelfleischdurchschneiden und drang dabei, wieder einige Blutgefäße unterbindend, bis auf den kleinenHügel auf dem Schenkelknochen vor. Jetzt wurde das schöne lange Bein wieder mehr gestrecktund nach innen gedreht. Atemlos sah Jeanette, wie erstaunlich ruhig ihr Chirurg sein Werk tat, jetztan der Außenseite den Schneidemuskel vom Beckenknochen abschnitt und die darunter liegendenMuskeln durchtrennte. Mittlerweile konnte sie das freigelegte Hüftgelenk erkennen, dass Christophnun mit einem größeren Skalpell eröffnete. Um nach Spalten der Gelenkkapsel den Schenkelkopfaus der Hüftpfanne lösen zu können, musste das halb abgetrennte Bein mehrmals hin und hergedreht werden, mal in mehr gebeugten, dann wieder in mehr gestreckten Zustand. Mit Hilfe einesHakens, den er hinter dem Schenkelknochen einsetzte, gelang es ihm schließlich,den Kopf herauszuziehen.Das Bein lag nun wieder unten auf der Tischplatte. Auf der Rückseite spannte sich durch dasHochhalten des Schenkelknochens die Falte zwischen Schenkel und Bäckchen, jene Linie, diebisher nur optisch eine Trennlinie darstellte.Ein letztes Mal ließ sich die Schönheit dieser Körperpartie bewundern. Christoph ließ sich nun eingroßes Messer reichen. Dies setzte er hinter dem hochgehaltenen Knochen an. Jeanette konntesehen, dass er kurz zögerte, um sich – jedenfalls kam ihr das so vor – zu beruhigen. Entschlossenund äußerlich gefasst schnitt er nun mit dem großen Messer, und nach einigen Hin- undHerbewegungen traf seine scharfe Klinge zielsicher von innen auf die Falte, deren weiche Haut esals letzten Akt des eigentlichen Beinabmachens zerteilte. Niemandem im OP-Saal entging dieBesonderheit dieses Augenblickes. Nun war das Bein von Christine ab.Der Chirurg löste seinen mit der Zeit immer fester gewordenen Griff um den Oberschenkel, und dieAssistentin legte es auf einen bereit geschobenen Tisch gleich neben der zuschauenden Jeanette,die zum ersten Male in ihrem Leben ganz real ein abgeschnittenes Bein sah. So würden also auchihre enden.Enden? Es sah eigentlich – mal abgesehen von den unvermeidlichen Blutflecken, die man ja aberabwaschen konnte – wirklich nicht schlecht aus. Und so distanziert wie dieses fremde hatte sie ihreeigenen Beine ja auch immer gesehen.Nein, für sie war und blieb es klar: Die Beine sollen ab, und zwar durch ihren Chirurgen-freundChristoph, der es wirklich gut machte und eben mit Hingabe. Er sollte ihre Beine auch bekommen,er allein weiß sie zu schätzen. Mit dieser Aussicht wird er sich um so mehr Mühe geben, eineähnlich ästhetische Operation zu geben. Sie entschloss sich nun endgültig, bei der Amputationihrer beiden Beine bei Bewusstsein bleiben zu wollen. War es schon reizvoll gewesen, ihm beimAbnehmen des Beines eines anderen Mädchens zuzusehen, wie erst würde es bei den eigenenBeinen werden?Schon zwei Tage später sollte sie Gewissheit bekommen.

Die geheimnisvolle Patientin Teil 2

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