Die geheimnisvolle Patientin Teil 3

Noch am selben Abend – Christoph lobte Christines schönes Bein (für Jeanettes Geschmack einbisschen zu sehr) – eröffnete er ihr, dass nun ihren Beinamputationen nichts mehr im Wege standund dass die Operation ganz nach Wunsch als doppelseitige Hüftexartikulation übermorgenstattfinden solle; auch er würde es nach den jüngsten Erfahrungen kaum noch erwarten können.Es könne kaum noch etwas dazwischen kommen. Erfreut nahm er Jeanettes Entschluss, dieOperation bewusst erleben zu wollen, auf und versprach, diesen dem Anästhesistendurchzustellen.Und so lief alles nach Plan, der Klinikalltag verlief normal, Zwischenfälle gab es keine, auch keineneue Krebspatientin, der mal schnell ein Bein abgenommen werden musste. Der junge Pfleger ließsich wieder blicken. Er hatte erfahren, dass es nun losgehen solle. So nutzte er am Tage vor derOperation seine Mittagspause, um Jeanette einen Besuch abzustatten. Sie hatte inzwischen einEinzelzimmer bekommen.Er erzählte nebenbei, dass er Christine kennengelernt hätte und fragte, ob es nun bei ihr soweit sei- aber das wusste er ja schon. Sie fragte nur: „Warum bist du das Wochenende nicht gekommen?“Er druckste etwas herum (weil er es zu einem erheblichen Teil außer mit seiner festen Freundinvor allem mit der hübschen OP-Schwester verbracht hatte…): „ch hatte es irgendwie nichtwahrhaben wollen, dass du dir die Beine wirklich abmachen lässt. Inzwischen gibt es wohl keinenZweifel mehr. – Ich finde dich wirklich wahnsinnig sexy, so wie du jetzt bist.“Sie redete noch einmal auf ihn ein: „Lass es doch gut sein, das, was du suchst, wirst du woandersfinden!“„Ja“, seufzte er, „vielleicht – aber trotzdem.“ Schließlich gab er zu, dass der Reiz, den Jeanette aufihn ausübte, nur noch stärker geworden war durch die Vorstellung, dass sie kurz vor ihrerdoppelseitigen Beinamputation stand. Ein letztes Mal – Jeanette mit diesen zwei atemberaubendenBeinen!„Aber das kannst du doch haben – sei kurz nach vier, wenn’s hier ruhiger ist, wieder hier. So ödefinde ich dich gar nicht!“ Da strahlte er, sich eingestehend, dass er mehr doch gar nicht wollte,gleichzeitig schon wieder zweifelnd, ob es nicht doch anders sei. Er hatte dazugelernt: zuakzeptieren, dass sie ihren Weg gehen müsse, mit zwei Beinen oder ohne, auch wenn es nichtsein eigener war. Jeanette und Martin hatten eine ausgesprochen angeregte Stunde, durch nichtsgestört, weil man den Fall Jeanette und ihre Beine recht diskret behandelte. Martin verabschiedetesich und versprach, wieder zu kommen, nach der OP. Leider sei er kein OP-Helfer, aber langsambeginne ihn die ganze Prozedur des Beinabmachens auch zu interessieren. Und wie Jeanettedabei und danach wohl aussehen würde? „Vielleicht wird ja ein Video gedreht“, meinte Jeanette,„da muss ich noch mal Christoph fragen.“„Ach, der ist es also… , na, vor dem nimm dich in Acht!“Diese letzte Warnung gab ihr ihr hübscher Krankenpfleger auf den Weg. Aber Jeanette hatte garnicht die Absicht, sich vor ihrem Chirurgen in Acht zu nehmen. Vielmehr hätte umgekehrt dieWarnung einen Sinn ergeben. Immerhin wagte Christoph eine Premiere; das erste Mal, dass einernstzunehmender Chirurg eine Beinamputation an gesunden Beinen vornahm, was bisher jederArzt verweigerte. Bei anderen hätte er es vielleicht auch nicht getan, aber bei Jeanette? Für siewar er nicht das erste Mal bereit, seine Karriere aufs Spiel zu setzen. Bei seinem Besuch amAbend vor der Operation war sie wieder recht einladend. Wie zufällig war ihre Bettdeckeverrutscht, ihr rechtes Bein gut zu sehen, das linke halb verhüllt – ein reizvoller Anblick. Der Chirurgfand schnell einen Vorwand, Jeanettes Beine noch einmal genau in Augenschein zu nehmen. Siegenoss es, und sie wollte mehr. Die Nacht vor der Erfüllung ihrer Träume – die Amputation ihrerBeine!Diese Nacht wurde kurz. Ein bisschen ärgerte sich Christoph darüber.Er wollte ausgeschlafen sein, wenn er diesen großen Tag erlebt. Andererseits – so hatten sie einungewöhnliches erotisches Abenteuer miteinander nur wenige Stunden vor ihrem nächstenZusammentreffen, das aller Voraussicht nach nicht weniger erotisch werden würde. Etwasübermüdet erwachte Jeanette von ihrem Liebeslager. Schnell erinnerte sie sich, Christoph wardann irgendwann gegangen, nur, damit sie nicht so am Morgen entdeckt würden; allerdings nichtohne innige Abschiedsküsse und Liebkosungen, die sich schnell wieder auf Jeanettes schöneBeine konzentrierten, die doch nur noch so kurz die ihren sein würden.Eine Schwester erklärte ihr, wie der Tag weitergehen würde:Frühstücken würde sie heute nicht können, sie müsse nüchtern bleiben. Sie könne jetzt aberduschen gehen. Wenn sie Hilfe bräuchte, stände sie zur Verfügung. Um 8.30 Uhr würde sie dannvom OP-Team übernommen werden.Sie fragte, ob ihr Chirurg vorher noch einmal zu sprechen sei. Doch der war längst bei der Arbeit,d.h., er bereitete zur Zeit die für heute vorgesehenen Operationen vor. Es sei eigentlich nieüblich… und würde er sie nicht bereits kennen? Sogleich begannen die direkten Vorbereitungenauf die Operation. Zunächst ging Jeanette in aller Seelenruhe duschen. Sie sah kritisch an sich aufund ab. Wirklich, so konnte sie guten Gewissens im OP-Saal erscheinen.Schließlich rasierte sie sich neben dem Bereich, in dem die Operation durchgeführt werden sollte,ein letztes Mal die kompletten Beine. Sie achtete peinlich darauf, dass keines dabei auch nurminimal verletzt würde. Es waren nur ganz wenige, helle weiche Härchen, aber dennoch, perfektwollte sie sein, und es war ein schönes Ritual so kurz vor ihrer Amputation. Mehr würde sie für ihreBeine ohnehin nicht mehr selbst tun. Sie fand es gegenüber diesen bislang treuen Dienern nichtsweiter als fair, sie in bestem Zustand einer Verwendung zuzuführen, die vor Verfall undAlterungsprozessen – ihrer Freundin tägliche Horrorvorstellung – schützte und ihnen weitaus mehrWertschätzung entgegenbrachte als bisher durch sie selbst. Nein, hässlich waren sie nicht.Auch ihrer eigenen Meinung nach zu schade, vernichtet zu werden. Wären diese Beine nicht soschön und hätte sie sie nicht – oft wider Willen – so gut gepflegt, wäre wohl ihr Freund, diesen netteChirurg, nicht zu gewinnen gewesen, sie abzunehmen. Ihm gab sie die Beine besonders gernehin. Und zum allerletzten Male cremte sie ihre attraktiven Gehwerkzeuge ein. Sofort bereit, beieinigen Dingen zu helfen, erwartete die Schwester, schon etwas ungeduldig, sie wieder zurück. Siestellte fest, dass eine Rasur des Operationsgebietes nicht mehr notwendig war. Das verwirrte sieetwas, war ihr aber recht. Die gerade erst aufgetragene Lotion allerdings musste sie wiederentfernen. Innerlich kopfschüttelnd entfettete sie mit einem Tupfer die Seidenhaut von Jeanettesmakellosen Beinen. Bei jeder Berührung gab die Haut etwas nach;Jeanette dachte an Christoph…So wurde die Schwester zu guter Letzt doch noch mit diesen beneidenswerten anatomischenWunderwerken von Beinen konfrontiert. Die sonst üblichen Tätigkeiten wie Bettneubeziehen, dieKleidung für die Operation heraussuchen, das Zimmer auf die Pflege nach der Operationvorbereiten, halfen ihr schließlich über ihre Verlegenheit hinweg, ausgerechnet diesen heiklen Fallbegleiten zu müssen. Nach dem bisher Erlebten gab sie jetzt innerlich zu: so ganz reizlos war dieGeschichte nicht, schon angesichts des operierenden Chirurgen, den alle Schwestern heimlichanhimmelten, weil er so freundlich war, eine gewisse Ausstrahlung hatte und so schöne Hände…Später kam Christoph tatsächlich noch einmal vorbei, mit einer roten Rose. Er begrüßte seinePatientin mit einem Kuss auf die Stirn und fragte, wie sie sich fühle.„Herrlich, jetzt, wo du mich besuchst. Ich habe den ganzen Morgen an dich gedacht. Und dieSchwester war sehr lieb zu mir und den Beinen. Aber jetzt glaube ich es erst wirklich, es wird wahr!Alles geschieht, wie wir es uns gewünscht haben, dass du mir die Beine heute wirklichabschneidest und ich ohne leben kann!“ Er ging wieder sehr bald, doch vorher hieß er Jeanette,aufzustehen, damit er sie noch einmal so sehen könne. Denn nachher würde sie liegend in denOP-Saal gelangen. Er würde sich zwar darauf freuen, aber trotzdem, damit er sich noch mehrfreuen kann: „Stell dich noch mal hin!“Sie tat es in der Einbildung, besser als alle anderen Mädchen der Welt zu wissen, wie man schöneBeine in Szene setzt. Von nun an würde sie es nie wieder tun und nie wieder tun wollen. Siedrückte ihre Knie durch, dann löste sie abwechselnd die Spannung in den Beinen, winkelte beideabwechselnd kurz an und blieb dann nach dieser Art letzten Tanz stehen.„Du kannst es dir übrigens immer noch anders überlegen“, sagte Christoph eindringlich angesichtsder Lebensfreude, die ihm entgegen schwappte. Jeanette schüttelte aber nur den Kopf und maltemit dem Finger eine Linie an der Stelle, wo das rechte Bein abgenommen werden sollte. „Allesklar. Bis gleich!“, war die Antwort des in seinen Sorgen um Jeanette endgültig beschwichtigtenArztes. Eine tiefe Freude erfüllte ihn. Und sie drückten sich ganz fest. Beim Auseinandergehenberührte der Doktor wie aus Versehen die Schenkel Jeanettes. Mit einer leichten Gänsehaut glittsie wieder zurück in ihr Bett.Dort träumte sie nur kurz, denn nun kam der Anästhesist, der sich zunächst in Unkenntnis derSituation im Vorfeld der Operation gewundert hatte, dass entgegen sonstiger Gepflogenheiten beisolch schweren, verstümmelnden Eingriffen für Jeanette präoperative Antidepressiva nichtangezeigt gewesen waren. Das Hin- und her um die Art der Betäubung während der OP hatte ihndann ahnen lassen, dass Jeanettes Beine ein etwas ausgefallener Fall sein dürften. Mit Hilfe derSchwester wurde Jeanette auf die fahrbare Liege gelegt.Sie würde nicht mehr aufstehen.Auf der Fahrt zum OP-Saal fühlte sie sich kurz beobachtet:Tatsächlich, dort blinzelte Martin um die Ecke, und als er bemerkte, dass sie es bemerkte, ihr zu.Er dachte also auch an sie. Das fand sie angenehm, obwohl sie annehmen musste, dass es für ihnwohl eher traurig war, dass heute ihre Beine abgenommen würden. Es war eben auch eineAbschiedssituation.Im OP-Trakt angekommen, brachte der Anästhesist verschiedene Schläuche an, maß Blutdruckund diverse andere Dinge, legte schließlich das schöne Mädchen auf die Seite, um ihr im Rückeneine Spritze zu geben. Dabei lagen Jeanettes Beine parallel angewinkelt übereinander. Sie hatteein sehr kurzes Hemd an. Selbst in diesem Umfeld bei recht hellem, weißen Licht wirkte ihre Hautbraungebrannt und ihr ganzer Körper einschließlich der Beine gesund und knackig. DerAnästhesist sah es wohl, konzentrierte sich aber in routinierter Weise auf seine Arbeit. Erwürde die ganze Prozedur des Beinabmachens – ca. eine Stunde – über verantwortlich sein fürdas Wohlbefinden der Patientin, eine Aufgabe, die in diesem Falle eher leicht schien. Aber mankonnte natürlich nicht wissen.Als er sie wieder auf dem Rücken lagerte, konnte er sich doch nicht verkneifen, Jeanettegegenüber zu verstehen zu geben, dass das heute etwas besonderes sei: ein gesundes schönesMädchen auf dem OP-Tisch zum Beine amputieren. Die Indikation dafür schien ihm im übrigenziemlich egal geworden zu sein, die Sache als solche war interessant. Und so gelangten sie in denOperationssaal, Jeanette wurde umgelagert auf den Tisch; merkwürdigerweise wollten alle daranirgendwie beteiligt sein.Jeanettes Beine waren inzwischen leb- und gefühllos geworden, wie Tests u.a. mit kalten undheißen Tupfern ergaben. Die OP konnte beginnen.

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